Die Gründe für Selbstoptimierung

Nachdem ich in den letzten Beiträgen über mich und meine Einstellung zu Selbstoptimierung geschrieben habe, geht es jetzt endlich wieder um Inhalte und zwar darum, warum Menschen sich selbst optimieren. Auf meiner Reise durch die Selbstoptimierungsliteratur habe ich viel über die Gründe gegen Selbstoptimierung gelesen, aber die Gründe für Selbstoptimierung wurden selten explizit genannt und vor allem nicht aufgezählt, deshalb habe ich die 5 wichtigsten Gründe für Selbstoptimierung hier zusammengestellt.

carpe diem

 

Die Gründe für Selbstoptimierung auf einen Blick

  • Kontrolle
  • Persönliches Wachstum
  • Selbstbestimmtheit
  • Zufriedenheit
  • Stolz
  • Glück
  • Ausstrahlung positiver Effekte auf andere Bereiche

 

Warum betreiben Menschen Selbstoptimierung? Was haben sie davon?

Klar, der Name sagt es ja schon: sie optimieren sich und wenn sie erfolgreich dabei sind, ist etwas besser als vorher. Aber warum haben das dann nicht alle Menschen schon immer gemacht? Warum ist es gerade jetzt so ein Trend?

Meiner Meinung nach ist der Hauptgrund für das Selbstoptimierungsstreben der Wunsch nach Kontrolle. Wir leben in einer Zeit, in der wir mehr Möglichkeiten haben als je zuvor. In jedem Bereich unseres Lebens haben wir auf einmal die Wahl aber auch die Verantwortung: Ausbildung oder Studium? Was studiere ich? Gehe ich auf Nummer sicher oder folge ich meiner Leidenschaft? Wen heirate ich? Will ich überhaupt heiraten? Das Schicksal scheint ausgedient zu haben¹, und der persönliche Lebenslauf scheint mehr durch Entscheidungen, Motivation und Leistungsbereitschaft bestimmt als durch Herkunft und die äußeren Umstände. Gleichzeitig ist alles undurchsichtiger und schwer vorhersehbar geworden, da nicht nur wir selbst sondern auch alle anderen viel mehr Möglichkeiten haben. Traditionen und Familienstrukturen lösen sich auf, Berufe, die sicher schienen, verschwinden, die Welt verändert sich und wir wissen nicht genau, wohin sie sich verändert.

Der Wunsch nach Kontrolle

Mit dem immensen Anstieg an Verantwortung und dem gleichzeitigen Wegfallen von Orientierungspunkten ist für viele die Rückbesinnung auf sich selbst der einzige logische Ausweg: wenn man über den Rest der Welt schon keine Kontrolle hat, dann wenigstens über sich selbst. Mit einem Selbstoptimierungsprojekt setzt man sich ein konkretes Ziel, erstellt einen Plan und überwacht regelmäßig den Prozess, und schon erscheint ein Bereich des Lebens, mit dem man vorher unzufrieden war, zumindest kontrollierbar.

Das Verführerische daran ist, dass dieses Prinzip der Kontrollierbarkeit praktisch auf alles anwendbar ist und in beliebigen Bereichen eingesetzt werden kann. Das macht Selbstoptimierung so verheißungsvoll, weil sie verspricht, dass wir mit ihrer Hilfe all unsere Unzulänglichkeiten bekämpfen können: Selbstoptimierungsprojekte zu Sport, Fitness und Ernährung können dabei helfen, die Kontrolle über den eigenen Körper, das Gewicht und die Gesundheit wieder zu erhalten; Selbstoptimierungsprojekte zu Effizienz, Produktivität und Zeitmanagement können dabei helfen, die Kontrolle über die Zeit und den persönlichen Fortschritt zu bekommen und Selbstoptimierungsprojekte zu Achtsamkeit können helfen, Kontrolle über den Fokus, die einzelnen Momente des Lebens und die Zeit zu bekommen.

Das Bedürfnis nach persönlichem Wachstum

Aber der Wunsch nach Selbstoptimierung ist nicht nur eine Reaktion auf die Gegebenheiten unserer Zeit, sondern er entspricht auch einem Bedürfnis, das tief in uns verankert ist, dem Bedürfnis nach persönlichem Wachstum. Mit dem Wunsch nach persönlichem Fortschritt und Entwicklung hat sich vor allem die humanistische Psychologie auseinandergesetzt. In ihrer Sprache heißt dieses Motiv Aktualisierungstendenz, Selbstaktualisierung oder Selbstverwirklichung. Abraham Maslow, einer der Urväter der humanistischen Psychologie, hat in seiner berühmten Bedürfnispyramide das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung ganz oben auf die Spitze gesetzt.

“Selbstoptimierung als Selbstverwirklichung, echt jetzt? Ist der Versuch sich vegan zu ernähren ein Akt der Selbstverwirklichung? Dann steht es ja noch schlimmer um die Welt als befürchtet.” Dieser kritische Kommentar ist mir sofort in den Sinn gekommen, wahrscheinlich weil ich zu viele Anti-Selbstoptimierungstexte gelesen habe.

Was sind aber die Motive hinter einer solchen Ernährungsumstellung? Es geht ja nicht darum, nur noch optisch ansprechende, fotogene und äußerst gesunde Sachen zu essen, um mehr Follower auf Instagram zu bekommen oder anderen ein schlechtes Gewissen zu machen. Meistens ist es eine ganz bewusste Entscheidung, bei der es um Gesundheit, Umweltbewusstsein, Nachhaltigkeit und auch um Moral geht. Man ernährt sich vegan, weil man gesund sein und bleiben will für sich aber auch für Partner und Familie, man ernährt sich vegan, weil man Verantwortung übernehmen will, für seinen ökologischen Fußabdruck und die Umwelt. Man ernährt sich vegan, weil man sich wohler damit fühlt, weil es den eigenen moralischen Standards entspricht, weil das bedeutet so zu leben, wie man leben möchte. Das ist Selbstverwirklichung. Selbstoptimierung, so trivial sie auch im Einzelnen erscheinen mag, kann das Bedürfnis nach persönlichem Wachstum erfüllen.

Selbstbestimmtheit

Im Alltag ist es oft nicht so einfach, dieses Bedürfnis nach Wachstum und persönlichem Fortschritt zu befriedigen. Man ist den ganzen Tag beschäftigt mit E-Mails, Meetings, Bürokratiekram und allem, was halt so erledigt werden muss, kommt heim, beugt sich dem Haushalt, beantwortet WhatsApp-Nachrichten, verliert sich auf Facebook oder vor Netflix. Später fällt man völlig erledigt ins Bett und fragt sich beim Einschlafen, was man an diesem Tag eigentlich wirklich geschafft hat, und kann die Frage nicht beantworten.

Durch ein Selbstoptimierungsprojekt kann man diese Routine durchbrechen und von Autopilot auf Autonomie umschalten. Das Projekt schafft einen Bereich, in dem man völlig bewusst und selbstbestimmt agieren und die Ergebnisse seiner Bemühungen direkt sehen kann.

Stolz, Zufriedenheit und Glück

Selbstoptimierungsprojekte können so zur Quelle von Stolz, Zufriedenheit und Glück werden und den Selbstwert steigern.

Das Selbstoptimierungsprojekt als Keimzelle positiver Veränderungen

Ein Selbstoptimierungsprojekt ist zwar ein abgegrenzter, überschaubarer Bereich, eine Insel der Kontrolle im undurchsichtigen Chaos, wenn man so will, aber das heißt nicht, dass seine positiven Auswirkungen auf diese Insel beschränkt bleiben, oft strahlen sie auf andere Bereiche aus.

Nach dem Motto: “wenn ich das geschafft habe, kann ich auch alles andere schaffen” können die Erfolge in diesem einen Bereich, mit dem man zuvor unzufrieden war, und das Erleben von Kontrolle und Selbstbestimmtheit das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, das Durchhaltevermögen und die Selbstwirksamkeitserwartungen insgesamt erhöhen.

Kontrolle, persönliches Wachstum, Autonomie, Erfolgserlebnisse und das Anstossen positiver Veränderungen in anderen Bereichen das sind die Hauptgründe für Selbstoptimierung. In meinen Experimenten will ich überprüfen, inwiefern diese positiven Auswirkungen tatsächlich eintreffen und ob sie die potentiellen negativen Nebenwirkungen, wie Stress und weniger Muße, übertreffen oder zumindest aufwiegen.

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Verweise